Donnerstag, 17. Juni 2010
5 Fragen an Udo Pollmer.
Geschrieben von Melanie
um
11:16 Uhr
in 5 Fragen an..., Ernaehrung, Meinungen
Kommentare (5)
| Trackbacks (0)
Wer sich in einem Gespräch mit Udo Pollmer auf fünf Fragen beschränken will, der hat es wirklich nicht leicht. Wo anfangen, wo aufhören, was fragen, worauf verzichten? Der Mann ist quasi ein eigenes Lebensmittel-Lexikon. Das macht es fast unmöglich sich zu entscheiden. Und so haben wir dann aufgegeben, sind schwach geworden und haben den Nikolausteller rausgeholt. Wir haben von allem ein bisschen gefragt und das hat er uns netterweise nicht nachgetragen, sondern uns an seinem Wissen, von dem wir hier leider nur einen winzig kleinen Bruchteil abbilden können, teilhaben lassen. Aber wir müssen wirklich sagen, das war nicht nur interessant, das hat auch einfach Spaß gemacht. Und wer weiß... vielleicht schaffen wir es auch irgendwann einmal, uns ein wenig stärker festzulegen und fragen dann noch mal und mit ein bisschen Glück antwortet er dann wieder. Doch fürs Erste jetzt erst mal unsere fünf Fragen an Udo Pollmer - quer aus dem 'Gemüsegarten'... Viel Spaß!
1. Herr Pollmer, Ihr Buch "Food Design – Panschen erlaubt" gibt es jetzt bereits in der dritten Auflage. Haben Sie den Eindruck, dass die Menschen sich so lang-sam wieder mehr mit dem auseinandersetzen, was sie zu sich nehmen? Und hat sich auf der anderen Seite bei den angebotenen Lebensmittelsortimenten etwas verändert in den letzten Jahren?
Ja – die Panschereien haben zugenommen! Vor allem solche, die der "Gesundheit" dienen sollen. Wer kalorien-, fett- und sonstwie-arme Produkte will, der zwingt die Produzenten zum Panschen. Denen bleibt gar nichts anderes übrig, als den Gehalt an Wasser (Vorderformfleischschinken statt Schinken, Analog-„Käse“ statt richtigem Käse usw.) oder Luft (Speiseeis wird bekanntlich nach Volumen und nicht nach Gewicht verkauft) zu erhöhen. Nichts anderes gilt für Brötchen mit Omega-Y-Fettsäuren oder cholesterinarme Wurst. Wer unbedingt die Fette der Fische essen will, soll sich doch eine Fischsemmel kaufen! Demnächst kriegen wir vermutlich Lachs mit Weizenstroh...
Es ist ein Irrtum zu glauben, man könne beim Essen Fette oder Kalorien sparen. Der Körper misst die Kalorien- und Fettaufnahme nach und gleicht Mängel zur Not durch Heißhungerattacken aus. Wer kalorienarme Lebensmittel will, kann gleichermaßen sauerstoffarme Luft oder hirnlose Ernährungsberatung fordern.
Die Hersteller haben sich den Forderungen der Medien gebeugt. Sie reduzieren den Energiegehalt ihrer Produkte durch allerlei legale Panschereien und können nun doppelt soviel Ware verkaufen.
2. Haben wir die Lebensmittel, die wir verdienen? Legen wir hier Deutschland Ihrer Meinung nach zu wenig Wert auf "gutes Essen"?
Jeder muss sich entscheiden ob er "gesundes" oder gutes Essen will. Überall da, wo die Gesundheitsmarotten den Markt bestimmen, bleibt die Qualität notgedrungen auf der Strecke.
3. Was halten Sie vom "Clean Label"? Kann ich mich als Verbraucher darauf verlassen, dass ein Produkt, das als "Frei von Konservierungsstoffen, Geschmacksverstärkern, Farbstoffen" gekennzeichnet ist, auch tatsächlich "sauber" ist? Denn beispielsweise enthält ein Produkt, das frei von Geschmacksverstärkern ist, heute häufig Hefeextrakt. Ein Zusatz, der nach unserem Verständnis keine andere Funktion erfüllt als Glutamat.
Clean Label heißt das neue Zauberwort der Lebensmittelwirtschaft. Das schlechte Gewissen der Kunden soll durch eine "verbraucherfreundliche" Deklarationen beruhigt werden. "Verbraucherfreundlich" heißt aber nicht, dass die Interessen des Kunden zu Geltung kommen, sondern nur, dass die Zutatenliste redaktionell bereinigt wird. Also statt "Glutamat" kommt "Hefeextrakt" hinein, also Geschmacksverstärker in grün. Da glutamathaltiger Hefeextrakt rein lebensmittelrechtlich kein Zusatzstoff ist, kann diese Mogelpackung mit dem Hinweis "ohne den Zusatzstoff Glutamat" beworben werden. Prinzip: außen hui innen pfui. Inzwischen ist es ja schon fast so: je mehr E-Nummern auf der Packung stehen, desto ehrlicher der Produzent...
4. Ab Mitte Juli müssen Produkte, die Azo-Farbstoffe enthalten, mit dem Hinweis "kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen" gekennzeichnet werden. Ist das der richtige Schritt in Richtung 'besserer Produkte'?
Es gibt ein paar ältere Tierversuche, bei denen sich mit ausgewählten Farbstoffen Hyperaktivität bei Labornagern auslösen ließ. Damals schenkte man den Befunden aber nur wenig Aufmerksamkeit. Inzwischen konnten Untersuchungen an Kindern diesen Effekt zwar nicht endgültig widerlegen aber auch nicht bestätigen. Insofern ist die Datenlage heute sogar entspannter als noch vor zwei Jahrzehnten. Dieser Fall zeigt die Unaufrichtigkeit der Verbraucherpolitik: Wenn die Farbstoffe denn tatsächlich die „Aufmerksamkeit bei Kindern“ beeinträchtigen können, gehörte das Zeug längst verboten aber nicht mit einem "Warnhinweis" versehen. Der Warnhinweis trägt nur dazu bei, die Kunden zu destabilisieren. Er informiert nicht, sondern raubt der Bevölkerung das Vertrauen in unsere tägliche Nahrung. Eine Schweinerei!
5. Was macht für Sie persönlich ein gutes Produkt aus?
Reelle Zutaten und eine sorgfältige Verarbeitung. Ein gutes Lebensmittel ist bekömmlich, es macht satt und zufrieden.
Mehr über Udo Pollmer: Udo Pollmer (*1954, Himmelpforten bei Hamburg) hat Lebensmittelchemie an der Universität München studiert und ist seit 1981 als selbstständiger Wissenschaftsjournalist und Unternehmensberater tätig. Er war Lehrbeauftragter für Haushalts- und Ernährungswissenschaften an der FH Fulda und der Universität Oldenburg. Seit 1995 ist er wissenschaftlicher Leiter des in München ansässigen Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E. e. V.). Seit vielen Jahren hat er beim Deutschlandradio Kultur seine eigene Kolumne "Mahlzeit".
Darüber hinaus hat er eine Vielzahl an Büchern rund um Ernährung verfasst. Darunter:
Food-Design: Panschen erlaubt: Wie unsere Nahrung ihre Unschuld verliert
Wer gesund isst, stirbt früher - Tatsachen und Trugschlüsse über unser Essen
Wer gesund lebt, ist selber schuld: Was uns Gesundheitsapostel verschweigen
Kommentare
Florian H. zu Heute schon CI 77891 gegessen?
am Dienstag, 28.08.2012 um 08:37 Uhr:
Habe gestern für meinen Sohn p ulmoll zitrone gekauft. Hab zu Hause nochmals alles durch ge sehn. Da haben sie doch [...]
Baby / Kinder Blog zu Vorsicht beim Genuss von Energy-Shots!
am Mittwoch, 22.08.2012 um 09:09 Uhr:
Es ist eigentlich eine Selbstv erständlichkeit: Kinder b ekommen keinen Kaffee. Das ist meist nicht schwer durc [...]
maju zu Die beste Erfindung seit dem elektrischen Currywurstschneider
am Sonntag, 29.07.2012 um 18:40 Uhr:
Ein Döner Schneide Roboter! Ich liebe meine Spezies!